Artikel: „Entscheidende Phase des Umbauprogramms“
Jan Wegener, gelernter Mechatroniker, gehört zu den jüngeren Führungskräften der DB Fahrzeuginstandhaltung im Werk Dessau. Dennoch trägt er die Verantwortung für den Lokumbau Netz Elbe-Spree. Als Projektleiter hat er sicherzustellen, dass ab Fahrplanwechsel Ende 2022 die umgebauten Loks für das Netz Elbe-Spree – zum Beispiel der Flughafen-Express FEX – in erforderlicher Zahl und Qualität zur Verfügung stehen. Ein geregelter Arbeitstag ist dabei nicht denkbar, denn immer wieder sind Entscheidungen zu fällen, zumal er es mit zwei Lokbaureihen unterschiedlicher Hersteller zu tun hat, die auf den gleichen technischen Stand gebracht werden müssen.
Werden denn nur die Loks umgebaut?
Jan Wegener: Das Umbauprogramm betrifft natürlich den gesamten Zugverband. Allerdings werden die Wagen im Werk Wittenberge modernisiert.Warum geschieht das nicht an einem Ort?
Jan Wegener: Wir in Dessau sind seit jeher auf Lokomotiven spezialisiert und unsere Kolleginnen und Kollegen in Wittenberge bringen seit Jahrzehnten die Wagen – gerade auch die bei Fahrgästen beliebten Doppelstockwagen – auf den neuesten Stand. So macht jeder, was er am besten kann. Umso wichtiger ist die Abstimmung. Und die klappt.Was treibt Sie derzeit um?
Jan Wegener: Wir befinden uns jetzt in einer entscheidenden Phase des Umbauprogramms: die sogenannte Musterumbauphase. Das heißt, wir haben von den beiden Baureihen 182 und 147 jeweils eine Lok bei uns im Betrieb und bauen sie den Vorgaben entsprechend um. Dabei werden jeder Schritt sowie die einzelnen Ergebnisse genau dokumentiert. Auf dieser Basis entsteht dann der detaillierte Umbauplan für die Serienfertigung. Wofür wir jetzt rund 65 Tage Zeit haben, müssen wir später in 25 Tagen schaffen. Insgesamt 23 Loks der Baureihe 182 und 6 Loks der Baureihe 147.Wie viele Loks können gleichzeitig umgebaut werden?
Jan Wegener: Wir werden dann in der Regel drei Loks im Werk haben. Eine wird zum Umbau vorbereitet, eine wird umgerüstet und eine wird geprüft und für die Auslieferung fertig gemacht.Wie macht es sich bemerkbar, dass Sie es mit zwei Baureihen verschiedener Hersteller zu tun haben?
Jan Wegener: Das stellt uns durchaus vor besondere Herausforderungen. Allein das Alter der beiden Baureihen ist unterschiedlich: Die 182er wurde in den Jahren nach 1999 ausgeliefert. Sie ist für uns eine „alte Bekannte“. Die Baureihe 147 wird erst seit 2015 gebaut und ist daher moderner. Zum Beispiel mussten wir bei den älteren Fahrzeugen auf Dämmstoffe achten, die heute nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Auch bei der Montage der IT-Komponenten mussten wir uns, aufgrund des unterschiedlichen Aufbaus der Loks, verschiedene Lösungen einfallen lassen.Wie viele Beschäftigte können gleichzeitig in der Lok arbeiten und welche Gewerke sind dort tätig?
Jan Wegener: Tatsächlich ist es eng – es sind höchstens vier, die dort Platz haben. Das zeigt, wie wichtig die präzise Arbeitsvorbereitung ist, damit man sich dort nicht ständig auf die Füße tritt. Immerhin müssen allein 800 Meter Kabel verlegt werden. Meist kommen dabei Mechatroniker:innen zum Einsatz, die wir selbst ausbilden. Aber auch Industriemechaniker:innen sowie Schweißer:innen sind dabei.Die E-Lok
Eine solche Lok muss viel leisten, bevor sie in den Ruhestand geschickt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie bis zu 9 Millionen Kilometer unterwegs, etwa die 12-fache Entfernung von der Erde bis zum Mond und zurück. Um diese lange Laufzeit – nicht zuletzt auch im Sinne der Nachhaltigkeit zu ermöglichen – muss sie alle 1,7 Millionen Laufkilometer komplett durchgecheckt werden. Das betrifft unter anderem die Bremsen und die gesamte Zugsicherung. Das erfolgt bei einigen der Umbau-Loks gleich mit.
Das klingt nach viel Elektrik und Elektronik?
Jan Wegener: So ist es auch. Die Loks sind nicht nur Antriebsmaschinen. Von hier aus erfolgt die Steuerung sowie die Spannungsversorgung sämtlicher Wagen im Zugverband.Außerdem bekommen sie das von der DB eigens entwickelte IT-Netzwerksystem „COLIBRI“ an Bord. Mit diesem System funktioniert die Fahrgastinformation in Echtzeit, die die Fahrgäste übrigens über das Zugportal abrufen können. Denn WLAN gibt es in den modernisierten Zügen nun auch. es Weiteren wird die Datenübertragung dafür genutzt, dass die Fahrzeuge immer auf dem neusten Stand sind. Bisher mussten beispielsweise wichtige Software- Updates einzeln von Hand auf der Lok aufgespielt werden. Das passiert jetzt wesentlich zeitsparender aus der Ferne. Aber auch wir in den Werkstätten haben die Loks durch die Umrüstung besser im Blick: Das heißt, wenn das System eine technische Störung hat, wird diese gleich per Ferndiagnose erkannt und wir können uns in der Werkstatt auf eine schnelle Reparatur vorbereiten.
Sicher wurde auch an das klimaschonende Fahren gedacht …
Jan Wegener: Mit der Bahn fahren ist an sich schon klimaschonend. Es wird sehr sorgsam mit der zur Verfügung stehenden Energie umgegangen. Selbst die Energie, die beim Abbremsen des Zuges freigesetzt wird, wird zum Teil in das Netz rückgespeist.Woran kann man eine umgebaute Lok erkennen?
Jan Wegener: Da muss man schon sehr genau hinschauen. Man erkennt es allerdings an den Stirnseiten. Hier sieht man jeweils zwei zusätzliche grüne Kuppeldosen.Wie wird das Personal in den Zügen auf die neue Technik eingestellt?
Jan Wegener: Sie erhalten spezielle Schulungen, damit sie für die Zukunft ebenso fit sind wie die Technik.Letzte Frage: Wird auch nach dem Umbau die klingende Tonleiter beim Anfahren der Züge erhalten bleiben?
Jan Wegener: Selbstverständlich, denn das ist durch die Ansteuerung der Stromrichter technisch bedingt.Das Werk Dessau der DB Fahrzeuginstandhaltung
Im Süden von Dessau findet man einen der größten Arbeitgeber der Region: das auf die Instandhaltung von E-Loks spezialisierte DB-Werk. Rund 1.200 Beschäftigte reparieren hier ganze Loks, arbeiten aber vor allem einzelne Komponenten wie Stromabnehmer, Drehgestelle oder Fahrmotoren auf.
Die Tradition des Werkes geht bis in die 1920er-Jahre zurück, als in Mitteldeutschland das dichteste elektrifizierte Bahnnetz Deutschlands entstand. Das Werk hat sich nach einer bewegten Kriegs- und Nachkriegsgeschichte mit den Jahren einen sehr guten Ruf erarbeitet. Gegenwärtig durchlaufen mehr als 300 Lokomotiven und mehr als 90.000 Komponenten die DB Fahrzeuginstandhaltung in Dessau. Der Umbau von 29 E-Loks, ab Dezember 2022 für das Netz Elbe-Spree im Einsatz, ist in seiner Komplexität für das Werk etwas ganz Besonderes.Ausbildung im Werk Dessau
Derzeit sind über 150 Nachwuchskräfte im DB-Werk Dessau beschäftigt, das heißt, mehr als jede Zehnte befindet sich in der Ausbildung.
Die erfolgt in zahlreichen Berufen: Industriemechaniker:innen, Elektroniker:innen für die Bereiche Betriebstechnik, Geräte und Systeme, Maschinen und Antriebstechnik. Ferner werden ausgebildet: Mechatroniker:innen, Zerspanungsmechaniker:innen und Verfahrenstechniker:innen für Beschichtungstechnik, Fachkräfte für Lagerlogistik sowie Industriekauffrauen und -kaufmänner.
Ausbildungsstart ist jeweils im September. Interessierte Schülerinnen und Schüler erhalten Einblicke in die Ausbildungsberufe während des Girl’s Day/Boy’s Day, am Tag der Berufe, während der Aktion Girls Go Technik sowie am Tag der offenen Ausbildungswerkstatt. Mehr unter karriere.deutschebahn.com