Artikel: Wie Zugbegleiter fit für die Praxis werden
Drei Trainer von DB Regio Nordost über ihre Arbeit
Wer bei DB Regio Nordost eine Ausbildung zum Kundenbetreuer im Nahverkehr (KiN) macht, der kommt an ihnen nicht vorbei: Marion Großer, Sylvia Wolff und Thomas Plötz arbeiten als KiN-Trainer für die Region Nordost. Sie alle waren selbst schon als Kundenbetreuer im Zug unterwegs – und wissen somit, wovon sie sprechen. Im Interview erzählen sie, was hinter ihrem Job als Trainer steckt, welche Fertigkeiten Bewerber mitbringen sollten und wie Corona ihre Tätigkeit verändert hat. Denn um den Herausforderungen in der Krise gerecht zu werden, musste die Ausbildung teils ganz neu gestrickt werden.
Zunächst mal ganz allgemein gefragt: Wie kann man sich Ihre Arbeit als Trainer für die Kundenbetreuer im Nahverkehr vorstellen?
Marion Großer: Wir sind zum einen zuständig für die Funktionsausbildung der Quereinsteiger zum Kundenbetreuer – bilden also Menschen, die vorher in anderen Bereichen tätig waren, aus. Unsere Teilnehmer kommen aus dem Einzelhandel, aus Transportunternehmen und aktuell auch häufig aus dem Hotel- und Gastronomiegewerbe. Wir arbeiten auch in verschiedenen Arbeitskreisen mit, in denen wir die zentralen Ausbildungsunterlagen weiterentwickeln und aktuell halten.
Thomas Plötz: Außerdem sind wir für den regelmäßigen Fortbildungsunterricht unserer KiN zuständig und sind fachliche Ansprechpartner für neue Mitarbeiter, die aus anderen Regionen oder Geschäftsbereichen zu uns kommen.
Inwieweit unterscheidet sich denn die normale Ausbildung zum Kundenbetreuer von der Funktionsausbildung für die Quereinsteiger?
Sylvia Wolff: Beispielsweise in der Dauer der Ausbildung. Die normale Ausbildung geht über drei Jahre, die Funktionsausbildung über drei Monate. Die regulären Azubis bekommen andere Qualifikationen. Sie durchlaufen eine kaufmännische Ausbildung, die zu einem Teil die Ausbildung zum KiN beinhaltet. Sie haben somit nach ihrem Abschluss noch andere Einsatzmöglichkeiten.
Und wie sieht die Funktionsausbildung konkret aus?
Sylvia Wolff: Wir trennen zwischen Theorie und Praxis. In der Theorie werden die Quereinsteiger von uns Trainern sechs bis sieben Wochen ausgebildet. Der praktische Teil findet anschließend in den KiN-Einsatzstellen statt, in denen die Teamleiter als Ansprechpartner fungieren. Hier erfolgen dann auch die wichtigen Lern- und Praxisfahrten in Begleitung von Kundenbetreuern.
Thomas Plötz: Wir haben erst Anfang Januar eine große Ausbildungsklasse mit 23 Teilnehmern begrüßt – eine der größten der vergangenen Jahre. Wegen Corona musste die Gruppe geteilt werden und es können auch nicht alle gleichzeitig in den Kundenkontakt gehen, wie es regulär wäre. In der Regel haben die Quereinsteiger nach 14 Tagen ihre ersten Schnupperfahrten in der Praxis, wo sie erste Einblicke in die Arbeit eines KiN bekommen.
Marion Großer: Wir müssen hier teilweise sehr behutsam vorgehen und auch Aufklärungsarbeit leisten. Viele der Teilnehmer sind häufig überrascht, wieviel Arbeit und fachliches Hintergrundwissen hinter der Bezeichnung „Kundenbetreuer im Nahverkehr“ steckt – und dass es dabei eben nicht nur darum geht, durch den Zug zu gehen und Tickets zu kontrollieren. Auch der intensive Kundenkontakt ist für viele anfangs anstrengend.
Wer sich als Quereinsteiger bei Ihnen bewirbt, der hat ja vorher häufig schon längere Zeit in einem anderen Beruf gearbeitet. Was fällt bei diesen Bewerbern auf?
Sylvia Wolff: Manchen Umsteigern fällt das Lernen nicht so leicht, da ihre eigene Schulzeit schon länger her ist. Andererseits sind beziehunsweise waren bisher alle sehr motiviert und engagiert, da sie in dieser Ausbildung eine neue berufliche Perspektive und persönliche Chance sehen.
In welchen Situationen ist Ihre Unterstützung gefragt?
Marion Großer: Es ist in der Vergangenheit leider schon gelegentlich vorgekommen, dass die Auszubildenden während der Ausbildung oder in den ersten selbstständigen Schichten mit aggressiven Fahrgästen konfrontiert wurden. Dass auch so etwas passieren kann, haben viele natürlich nicht in erster Linie bedacht. Aber auch hier stehen wir als Berater und Begleiter zur Stelle.
Thomas Plötz: Wir wollen Ansprechpartner sein und sind als Trainer immer erreichbar, legen viel Herzblut in die Ausbildung.
Sylvia Wolff: Man braucht in unserer Funktion ein großes Maß an Empathie, Geduld und Verständnis. Es ist wichtig, jeden Einzelnen abzuholen und das nötige Wissen zu vermitteln.
Marion Großer: Natürlich ist es auch spannend, die Leute dann später nach der Ausbildung wiederzusehen und menschlich verbandelt zu bleiben. Denn in der intensiven gemeinsamen Zeit der Ausbildung baut sich ein Vertrauensverhältnis auf.
Was muss jemand mitbringen, der als Kundenbetreuer im Nahverkehr arbeiten will?
Thomas Plötz: Die Bewerber sollten auf jeden Fall Lust auf diese Tätigkeit haben, sich mit dem Beruf und dem Unternehmen identifizieren können – wir sprechen immer gerne von einer Eisenbahnerfamilie. Man sollte das also nicht nur machen wollen, weil der alte Job gerade weggebrochen ist. Dazu kommt die Bereitschaft zu Schichtdienst sowie der Arbeit am Wochenende und an Feiertagen.
Sylvia Wolff: Außerdem sollten die Bewerber eine offene und zugängliche Art mitbringen, sich nicht scheuen, auf Menschen zuzugehen und den Servicegedanken leben. Sich gerne um Leute kümmern und Lösungen finden wollen – dazu gehört auch, Probleme aus der Sicht des Kunden zu sehen, für den es zum Beispiel nicht selbstverständlich ist, jeden Tag am Bahnhof oder im Zug unterwegs zu sein.
Wie hat die Corona-Krise Ihren Job als Trainer verändert?
Marion Großer: Während wir früher die gesamte Klasse zusammen in einem Raum unterrichten konnten, gilt es jetzt, die Gruppen zu teilen – mit maximal zwölf Teilnehmern je Gruppe. Das bringt die Herausforderung mit sich, dass wir plötzlich zwei Klassen haben und somit auch den doppelten Bedarf an Trainern. Das macht die Organisation sehr viel schwieriger.
Thomas Plötz: Und auch während der Ausbildung muss sich nun an Abstands- und Hygieneregeln gehalten werden – das heißt Maske tragen im Unterricht und Abstand zwischen den Teilnehmern. Gruppenarbeiten werden dadurch erschwert. Sylvia Wolff: Das Pensum, was wir zu leisten haben, ist erheblich gestiegen. Gleichzeitig haben sich neue Möglichkeiten eröffnet. Dazu gehört zum Beispiel die Prüfungsvorbereitung über die Plattform Microsoft Teams. Wir haben das so eingerichtet, dass ein Trainer darüber für eine bestimmte Zeit erreichbar ist – den Teilnehmern sind dadurch Reisewege erspart geblieben.
Ist es schon vorgekommen, dass sich während der Ausbildung herausgestellt hat, dass jemand doch nicht so gut für den Job geeignet ist?
Marion Großer: Es gab vereinzelt Teilnehmer, die sich sowohl die Ausbildung als auch den Beruf als KiN anders vorgestellt haben. Aber das ist ein sehr geringer Prozentsatz. Es gab aber auch Teilnehmer, die die Prüfungen nicht geschafft haben. Und wer dreimal durch die schriftliche Prüfung fällt, wird zur praktischen Prüfung nicht zugelassen und kann somit die Ausbildung nicht abschließen. Aber das sind wirklich nur vereinzelte Ausnahmen.
Interview: Punkt3, Josephine Mühln
Lust, selbst Kundenbetreuer zu werden?
Die Ausbildung findet im Wechsel statt – auf zwei Wochen Theorie folgen zwei Wochen Praxis. Zu den Ausbildungsinhalten gehören zum Beispiel: Arbeitsschutz, Beförderungsbedingungen, Tarifkunde, Fahrgastrechte, Grundlagen Eisenbahn, Notfallmanagement, Kennenlernen der Fahrzeuge innen und außen, Grundlage Deeskalation.