Seelenheil für einen halben Gulden

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Artikel: Seelenheil für einen halben Gulden

Der Luther-Tetzel-Weg von Zahna nach Bülzig

Kleiner Rückblick ins Jahr 1517: Da versprach in Jüterbog der Dominikanermönch Johann Tetzel, alle Sünden zu vergeben und die Seele vor dem Fegefeuer zu retten, wenn der Sünder oder die Sünderin nur genug dafür zahlte: „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!“ Für einen halben Gulden wurden einfache Sünden vergolten, sechs Dukaten kostete die Vielweiberei. Selbst für einen Mord konnte man sich vor Gott freikaufen – für mindestens acht Dukaten.

Auch aus dem 42 Kilometer entfernten Wittenberg machten sich Scharen von Sündern und Sünderinnen zu Fuß auf den gefährlichen Weg durch die Wälder, um den kostbaren Ablassbrief zu erhalten. Bekanntlich wurde Martin Luther in Wittenberg diese Sache zu bunt. Mit seinen 95 Thesen wandte er sich auch gegen den Ablasshandel der Kirche – der Beginn der Reformation.

Blick auf die Sankt-Marien-Kirche in Zahna.
Sankt-Marien- Kirche in Zahna

Heute bringt der Luther-Tetzel-Weg von Wittenberg nach Jüterbog den Besucher:innen die Geschichte ein Stück näher. Der Weg folgt dem Streckenverlauf des Radweges Berlin – Leipzig und ist mit einem Logo und den drei Buchstaben „ltl“ gekennzeichnet. Man kommt vorbei an alten Dörfern und mittelalterlichen Kirchen und erfährt, was die Wandernden einst dachten und fühlten. Weil der Luther-Tetzel-Weg zu Fuß nun aber doch etwas lang ist, führt dieser Streifzug als Teilstrecke rund sieben Kilometer durch schöne Natur vom Bahnhof Zahna, vorbei am Skulpturenpark zum Bahnhof Bülzig, wo man bequem mit dem Zug an- und abreisen kann. Picknick nicht vergessen!

Das kleine Städtchen Zahna gehört zu den ältesten Orten in Sachsen-Anhalt. Vom Bahnhof führt die Bahnhofstraße, die wenig später zur Friedrich-Engels-Straße wird, zum Kirchplatz. Hier steht eine der ältesten Kirchen des ehemaligen Kursachsens. Die Sankt-Marien-Kirche ist in der Regel von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Sinnvoll ist sicherlich, sich zuvor mit dem Evangelischen Pfarramt unter der Telefonnummer 034924/20478 in Verbindung zu setzen.

Sankt-Marien-Kirche gilt alt älteste Flämingkirche

Die romanische Kreuzkirche mit dem wuchtigen Turm entstand ab dem Jahre 978. Im 12. Jahrhundert bauten flämische Einwanderer die Kirche um, so dass sie heute als älteste Flämingkirche gilt. Im 15. Jahrhundert wurden Seitenschiffe und Kirchtürme zerstört und nie wieder aufgebaut. Daher wirkt die Kirche etwas gedrungen und klobig. In der Kirche wurde wohl der letzte Herrscher von Zahna, der sächsische Landesvogt und Ritter Albrecht von Leipzig, begraben. Die Gläubigen machten auf ihrem Weg von Wittenberg nach Jüterbog zum Ablasshändler Johann Tetzel hier wahrscheinlich Halt.

Wer Zeit und Lust hat, kann anschließend noch das Bauernmuseum Zahna besuchen, das sein Domizil in der Jüterboger Straße 37 hat. Sie beginnt gleich an der Kirche. Der alte flämische Bauernhof, der heute das Museum beherbergt, umfasst eine Fläche von 1.800 Quadratmetern. Das Wohnhaus des Vierseitenhofes wurde im Jahre 1730 erbaut und präsentiert sich heute als Museum in Scheune und Stall, Schmiede und der Wohnung des Bauern aus den 1920er Jahren. Sehenswert ist die Traktorenausstellung von Lanz-Bulldog-Traktoren sowie Traktoren aus DDR-Produktion.

Foto eines alten blauen Traktors.
Traktorausstellung im Bauernmuseum Zahna

Die Sammlung verschiedener Ackergeräte der letzten Jahrhunderte zeigt deutlich, wie stark sich die Landwirtschaft in den vergangenen hundert Jahren weiterentwickelt hat. Im Wohnhaus erhalten Besucher:innen einen Einblick in das Alltagsleben einer Bauernfamilie zu Beginn des letzten Jahrhunderts. In der Heimatstube vermitteln Dokumente und Gegenständige die Geschichte und Entwicklung der Stadt Zahna.

Weiter geht es über Burgstraße und Parkplatz in den Schulweg, der zur Külsoer Straße führt. Dann links abbiegen und dem Weg mit kleinen Schottersteinen durch ein schönes Waldgebiet folgen, bis man zur Wiese mit den Skulpturen gelangt – dem „Park der Engel“. Der Skulpturenpark Bülzig der Evangelischen Kirchengemeinde „Sankt Marien“ Zahna ist eine rund 20 Hektar große Wiese mit dem Bachlauf des Bülziger Grabens und kleinen Waldstücken. Hier schufen seit dem Jahr 1993 verschiedene Künstler:innen Skulpturen aus Holz, Metall und anderen Materialien zum Thema „Engel“.  Die Skulpturen sind inzwischen mit der Landschaft verwachsen und laden ein zum Anschauen, Anfassen und Nachdenken. Die Kunstobjekte werden nicht gehegt und gepflegt, sie sind – wie alles – vergänglich.

Nach diesem Exkurs führt der Weg „Am Holländer“ zur Straße Untere Linden. Folgt man ihr rechter Hand und läuft durch Bülzig, gelangt man direkt zum Bahnhof.

Anreise

  • Hinfahrt: z. B. mit dem RE3 um 10.32 Uhr ab Berlin Hbf bis Bf Zahna (Fahrzeit: 1 Stunde 8 Minuten)
  • Rückfahrt: z. B. mit dem RE3 um 15.11 Uhr ab Bf Bülzig bis Berlin Hbf (Fahrzeit: 1 Stunde 20 Minuten)

Ticket-Tipp

Das Brandenburg-Berlin-Ticket (BBT) gilt Mo - Fr von 9 Uhr bis 3 Uhr des Folgetages sowie Sa + So und an Feiertagen von 0 Uhr bis 3 Uhr des Folgetages – auch bis nach Zahna. Das BBT kostet 35 € und kann von Gruppen bis zu fünf Personen genutzt werden. Darüber hinaus können bis zu drei Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren kostenlos mitgenommen werden.

Wer das Deutschland-Ticket nutzt, kommt auch damit bis nach Zahna.

 Tipps für den Ausflug

Ausstellungen im Haus der Stadtwerke„Dimensionen“ von Ina-Grit Schaller und „Reise ins ICH & ANDERSWO“ von Elena Kiseleva-Arendt (beide zu sehen bis 11. Juli)

  • Öffnungszeiten: Mo + Mi 8 - 16 Uhr, Di + Do 8 - 18 Uhr, Fr 8 - 13 Uhr
  • Ort: Lucas-Cranach-Straße 22, 06886 Lutherstadt Wittenberg
  • Anfahrt: von Lutherstadt Wittenberg Hbf (RE3) fahren die Busse 300 und 301 bis Bf Lutherstadt Wittenberg Altstadt, von dort sind es noch rund elf Minuten Fußweg

Text: punkt 3, 13.03.2025