Artikel: Für den Schulungseffekt
Die Rolle von Zugsimulatoren in der Ausbildung bei DB Regio Nordost
Lars Heider (55) bildete 17 Jahre lang angehende Triebfahrzeugführer (Tf) aus, bevor er Leiter Fahrpersonal Tf bei DB Regio Nordost wurde. Er prüft regelmäßig die Lokführerinnen und Lokführer von morgen – auf der Strecke draußen und in der Theorie. Heute erklärt er punkt 3, welche wichtige Rolle Zugsimulatoren in der Ausbildung spielen.

Herr Heider, wir befinden uns im Übungsraum eines Zugsimulators. Erklären Sie uns kurz, was wir sehen.
Lars Heider: Die sogenannte Übungsstation II wurde im Rahmen der Digitalisierung vor zwei Jahren erdacht. Hier in Berlin-Lichtenberg gibt es drei Simulatoren, weitere stehen an unseren Standorten in Cottbus und Rostock. Zur Grundausrüstung gehören ein großer Bildschirm, zwei Laptops, an denen die Tf-Trainer in der Rolle als Fahrdienstleiter arbeiten und ein Fahrpult. Dieses ist eingebaut in ein originales Führerpult aus der Baureihe 646, einem Dieseltriebwagen, an dem der oder die Lernende auf einem Führerstandsitz Platz nimmt. Das Fahrpult wurde von einem Azubiprojekt einer Ausbildungsgruppe hier am Standort einem Unfallfahrzeug entnommen und neu verbaut. Wir üben hier also unter sehr realitätsnahen Bedingungen. Die Spezialtechnik dahinter kommt von der Firma KMW (Krauss- Maffai Wegmann).
Wofür der Aufwand und warum wird nicht gleich in real geübt?
Lars Heider: Wir können hier viele Situationen wie Signal-, Oberleitungs oder Bahnübergangstörungen simulieren, die man draußen an der Strecke so nicht inszenieren kann. Im Simulator allerdings kann man alle Betriebssituationen und Betriebsverfahren realitätsnah durchspielen. Es kann schon auch mal vorkommen, dass ein Schotterhaufen am Gleis liegt oder ein Baum umgekippt ist. Unfälle allerdings werden nicht simuliert.
Was genau kann der Simulator und wie sieht ein Training darauf aus?
Lars Heider: Softwaregestützt simulieren wir die weitverbreiteten elektrischen Triebzüge der Baureihe 423, 424, 425 und 426. Der Schwerpunkt liegt dabei gar nicht hauptsächlich auf der technischen Funktion des Fahrzeugs, sondern auf der zielgerichteten Vermittlung des Betriebsdienstes: wie agiert man als Triebfahrzeugführer also in bestimmten alltäglichen und außeralltäglichen Situationen, die einem draußen auf der Strecke begegnen? Es können verschiedenste Szenarien durchgespielt werden: vom Fahrgast, der die Notbremse zieht, bis zu einem vorbeifahrenden Zug mit Funkenflug. Zum Betriebsdienst gehört außerdem das richtige Reagieren in Bezug auf Signale, Oberleitungen oder Bahnübergänge. Außerdem geht es oft um das Einhalten von Geschwindigkeiten an Signalen, Langsamfahrstellen, Weichenbereichen und Bremsverhalten.

Wer trainiert an dem Simulator?
Lars Heider: Wir nutzen die Übungsstation II für die Ausbildung unserer Tf-Quereinsteiger und der Auszubildenden, den Eisenbahnern im Betriebsdienst. Aber auch gestandene Lokführer werden hier zu unterschiedlichen Zugbeeinflussungs- und Signalsystemen oder bestimmten Betriebsverfahren geschult. Außerdem können Lokführer, die länger außer Dienst waren, sich hier wieder auf den Einsatz draußen vorbereiten.
Inwiefern stellen Sie die Lernenden dann so auf die Probe?
Lars Heider: Beispielsweise können die Umweltdaten und damit die Reibwerte auf der Schiene eingestellt werden. Bei Regen, Nebel oder Schnee verändern sich diese und somit auch die Sicht- und Bremsverhältnisse. Wir sehen dann schnell, wie sich der Lokführer auch unter gewissen Stresssituationen verhält. Der Simulator ist dazu da, die Lernenden daraufhin zu festigen und zu kontrollieren, ob und wie sie das vorher theoretisch Erlernte in die Praxis umsetzen. Der Schulungseffekt des Simulators ist sehr wichtig, denn die Azubis prägen sich die Situationen ganz anders ein als im Vergleich zum rein Theoretischen.
Herr Heider, herzlichen Dank für das lehrreiche Gespräch.
Das Interview führte: Lionel Kreglinger (punkt3)