Eine Stadt, so schön wie eine Blume

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Artikel: Eine Stadt, so schön wie eine Blume

In Neustrelitz lässt es sich nicht nur im Schlossgarten flanieren

Der Zierker See und schöne Waldgebiete nehmen Neustrelitz in ihre Mitte. Die Herzöge von Mecklenburg-Strelitz wussten nur zu gut, warum sie auf diesem Fleckchen Erde Neustrelitz als neue Stadt anlegen ließen und diese 1733 zu ihrer Residenzstadt machten. Das barocke Schloss von 1731 gibt es zwar nicht mehr – es wurde in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges durch ein Feuer zerstört, später gesprengt und abgetragen – doch der Schlossgarten mit Schlosskirche, Kavaliershaus, Orangerie und Tempeln ist wunderschön zum Spazierengehen.

Da ist auch der Stadthafen am Zierker See mit sanierten Speicherbauten, Wasserwanderrastplatz und Anleger für Ausflugsschiffe. Und da ist der gigantische quadratische Marktplatz mit Rathaus, Stadtkirche und Brunnen, von dem sternförmig acht schnurgerade Straßen in alle Himmelsrichtungen streben. Es gibt also jede Menge zu entdecken und obendrein einige nette Cafés und Restaurants zum Verschnaufen.

Ein Hirschtor als Eingang zum Schlossgarten

Die Tour beginnt am Neustrelitzer Bahnhof. Laufen Sie von dort auf der Marienstraße zur Friedrich-¬Wilhelm-Straße und folgen Sie dieser zum Kreisverkehr. Hier beginnt die Straße Am Tiergarten. Laufen Sie an der Tiergarten-Gaststätte vorbei durch den Tiergarten-Wald hinunter zum Hirschtor, dem repräsentativen Eingang zum Schlossgarten. Die barocke Gartenanlage der Residenzstadt Neustrelitz wurde 1726 bis 1732 angelegt und einige Jahre später nach Versailler Vorbild umgestaltet. Die Erweiterung zum englischen Landschaftsgarten erfolgte Mitte des 19. Jahrhunderts nach Plänen des Potsdamer Gartenbaudirektors Peter Joseph Lenné und Landesbaumeister Friedrich Wilhelm Buttel. Durch den Schlossgarten führen viele schöne Spazierwege, wie die Götterallee mit Kopien antiker Gottheiten und allegorischen Figuren, die zu jeder Jahreszeit reizvoll sind.

Die barocke Gartenanlage des Neustrelitzer Schlossgartens wurde 1726 bis 1732 angelegt und seither des Öfteren erweitert und umgebaut.

Auf dem Schlossplatz erblicken Sie links ein Kavaliershaus, das heute eine Behörde beherbergt. Rechts erhebt sich die neugotische Schlosskirche mit ihren zwölf schlanken Türmen, die die zwölf Apostel symbolisieren. Seit 2001 dient die Kirche als Galerie für Bildhauerkunst.

Die 1855 bis 1859 erbaute Schlosskirche gilt als Hauptwerk von Landesbaumeister Friedrich Wilhelm Buttel in Neustrelitz. Die einschiffige Kirche aus gelbem Backstein weist zahlreiche Türmchen und neugotische Verzierungen auf. Die Figuren der vier Evangelisten am Hauptportal schuf der Neustrelitzer Bildhauer Albert Wolff, ein Schüler des preußischen Bildhauers Christian Daniel Rauch. Bemerkenswert ist die Holzdecke im Innenraum. Die kann jedoch erst wieder ab Mai 2022 bewundert werden – denn bis dahin bleibt die Kirche geschlossen.

Laufen Sie von der Schlosskirche über den Friedrich-Wilhelm-Buttel-Platz mit dem Denkmal des Großherzogs Georg zur Orangerie. Sie wird derzeit zwar restauriert, doch das Gebäude, der Vorplatz mit dem Wasserspiel, der Orangeriegarten und der Brunnen mit den Kinderskulpturen sind sehenswert. Die klassizistische Orangerie wurde 1755 ursprünglich als Winterquartier für tropische Pflanzen erbaut. Friedrich-Wilhelm Buttel gestaltete das Gebäude 1840 bis 1842 auf Empfehlung von Karl Friedrich Schinkel und Christian Daniel Rauch zu einem prachtvollen Gartensalon um.

Überqueren Sie die Hauptachse des Schlossgartens mit Blick hoch zum Schlossberg und vis-à-vis zum Hebetempel, sehen Sie den Marstall, das Landestheater Mecklenburg und davor im ehemaligen Prinzengarten den Russischen Ehrenfriedhof. Spazieren Sie nun zum Luisentempel, der an die beliebte, mit nur 34 Jahren verstorbene, preußische Königin Luise aus dem Hause Mecklenburg-Strelitz erinnert, und weiter zum Hebetempel, einem von acht Säulen getragenen Rundtempel. Hier steht die Skulptur der Hebe, der griechischen Göttin der Jugend, eine Kopie des Werkes von Antonio Canova, einem Hauptvertreter des italienischen Klassizismus.

Die gelb gestrichene Orangerie mit Säulenfigur im Vordergrund.
Die gelb gestrichene Orangerie mit Säulenfigur im Vordergrund.
Quelle: Stadt Neustrelitz / Roman Vitt Fotografie
Die klassizistische Orangerie wurde 1755 ursprünglich als Winterquartier für tropische Pflanzen erbaut.

Der schöne Alleenweg führt Sie aus dem Schlossgarten hinaus zum Kreisverkehr mit einer riesigen Blume aus Edelstahl in der Mitte – einer Strelitzie. Sie hat viel mit Neustrelitz zu tun. Denn als 1773 der Direktor des Londoner Botanischen Gartens von einem aus Afrika heimgekehrten Seefahrer eine solche Pflanze erhielt, war er so begeistert von ihrer Schönheit, dass er sie nach seiner Königin benannte. Das war Sophie Charlotte, Prinzessin aus Mecklenburg-Strelitz, die mit Englands König Georg III. vermählt war. Bekannt ist die Pflanze auch als Paradiesvogelblume.

Linker Hand führt die Seestraße zum Hafenareal. Haben Sie Hunger und mögen Sie Fisch? Dann ist das rustikale Bistro „Zum Fischerhof“ ein guter Tipp. Gut gestärkt laufen Sie zur Hafenmeisterei mit der kleinen Ausstellung zur Hafengeschichte und zu den vier einstigen Speichern aus Backstein, die schön saniert nun als Café, Restaurant, Kaffeerösterei, Hotel und Wohnquartier dienen. Laufen Sie anschließend die Straße Am Stadthafen zur Semmelweisstraße, biegen Sie hier links ein und wenig später rechts in die Zierker Straße, die geradewegs zum Marktplatz mit dem Wasserspiel im Zentrum führt.

Als neue Residenzstadt gegründet

Neustrelitz wurde 1733 von Großherzog Adolf Friedrich III. von Mecklenburg Strelitz als neue Residenzstadt gegründet, nach dem die ursprüngliche Residenz Strelitz abgebrannt war. Mittelpunkt der neuen Stadt ist der ein Hektar große quadratische Marktplatz mit seinem achtstrahligen Straßenstern. Der einzigartige Stadtgrundriss ist einer italienischen Idealstadt nachempfunden und geht auf Pläne des Braunschweiger Baumeisters Christoph Julius Löwe zurück.

Am Marktplatz können Sie sich noch eine Pause gönnen und sich für die letzte Station des Stadtbummels stärken: das Kulturquartier. Laufen Sie vom Marktplatz einfach ein paar Meter die Schloßstraße entlang, stehen Sie bei der Nummer 12/13 vor dem einstigen Kaiserlichen Postamt von 1899, das zum Kulturquartier mit einem landeskundlichen Museum wurde. Die Dauerausstellung nimmt die Besucher:innen mit auf eine Reise durch 300 Jahre Geschichte des Landes Mecklenburg-Strelitz.

Laufen Sie nun wieder zurück zum Marktplatz und folgen Sie von hier einem anderen „Straßenstrahl“, nämlich der Strelitzer Straße. Bis zur Kreuzung Elisabethstraße ist sie Fußgängerzone und Einkaufs- und Promeniermeile der Neustrelitzer. Sie gelangen wieder an den Kreisverkehr zum Tiergarten – nur noch ein paar Meter sind es bis zum Bahnhof.

AnreiseHinfahrt: z. B. mit dem RE5 um 9.43 Uhr von Berlin Hbf bis Neustrelitz Hbf, Fahrzeit: 1 Stunde 16 Minuten