„Wir konnten alles ausprobieren!“

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Artikel: „Wir konnten alles ausprobieren!“

Gelungener Test der Aktion „Klasse unterwegs“ im Industriemuseum

Auf Initiative von DB Regio Nordost waren im September die Schulen in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern angeschrieben und eingeladen worden, im Rahmen der „Klasse unterwegs“-Aktion „100 Testfahrer-Schulklassen gesucht“ ausgewählte Lernorte aus dem Programm „Klasse unterwegs“ zu besuchen. Aufgabe für die Testfahrer-Schulklassen: Sie sollen ihre Eindrücke und Erfahrungen in Form von Fotos, Videos und kurzen Texten dokumentieren. Die ersten Testfahrer-Klassen waren inzwischen schon auf Tour. Die Klasse 7a vom Docemus Campus in Grünheide zum Beispiel war am 18. November bei ihrer Testfahrt im Industriemuseum in Brandenburg an der Havel. Besonders spannend: Dort wurde erstmals ein neues Besuchskonzept für Schulklassen erprobt.

Hochbetrieb in der Leitstelle des einst größten Stahlwerks der DDR. Lampen einschalten, Temperaturen überprüfen, Gasbrenner zuschalten. Hier ein Knopfdruck, dort ein Regler. Die jungen Leute haben jede Menge zu tun bei ihrem Besuch im Industriemuseum in Brandenburg an der Havel. Über das schwarze Telefon mit der altertümlichen Wählscheibe wird noch schnell eine wichtige Nachricht übermittelt.

Mehrere Kinder drücken Knöpfe auf einem alten Steuergerät einer Leitstelle.
Perfekter außerschulischer Lernort: Leon (m.) und Michel (r.) in der Leitstelle des Stahlwerks.

Dann stürmen alle los zur nächsten Station in der großen Halle. Am gigantischen Siemens-Martin-Ofen von 1914, der bis zu 180 Tonnen Stahl schmelzen konnte, muss vor dem Abstich eine kleine Probe entnommen werden. Vorsicht: Der glühende Stahl ist über 1.000 Grad heiß. Das symbolisiert zumindest die flackernde rotgelbe Beleuchtung im Inneren des Ofens. 

„Wir haben unser Konzept für Schulklassen umgestellt“, berichtet Museumspädagogin Susanne Lehmann. Bis vor kurzem noch wurden die Klassen durch das Stahlwerk geführt und bekamen Erläuterungen an festgelegten Stationen. Jetzt dürfen die Schüler:innen nach einer kurzen Einweisung in kleinen Gruppen durch die Ausstellung gehen und alles eigenständig erkunden. Sie erhalten ein Klemmbrett mit Papier und Stift, dazu einen Audioguide und einen Fragezettel: Wann wurde das Stahlwerk gebaut? Wie viele Siemens-Martin-Öfen gab es? Wie wurde das Rohmaterial angeliefert?

90 Minuten Forschung pur

Für die Zeit einer schulischen Doppelstunde, also gut 90 Minuten lang, sind die Schüler:innen der Klasse 7a im Industriemuseum zugange. Dann treffen sich alle in der Bibliothek des Stahlwerks zur Auswertung. Rückmeldung der jungen Forscher:innen zum neuen Konzept: „Es war cool, dass wir überall rein konnten!“ – „Die Informationssuche war ziemlich schwer.“ – „Gut war, dass da auch Infotafeln standen.“ – „Mir hat gefallen, dass man alles ausprobieren konnte.“ Von den insgesamt 100 Testfahrer-Schulklassen, die bei der Aktion von DB Regio Nordost mitmachen, waren bislang schon rund 30 auf Erkundungstour zu den unterschiedlichsten außerschulischen Lernorten.

Ein Mädchen steht neben einem anderen mit einer Handkurbel.
Friederike (l.) und Leah (r.) auf Entdeckungstour: Kräftig an der Handkurbel drehen, dann jault die Notfall-Sirene auf.

Auf der Liste der Wunschorte finden sich die kleine Schäferei in Biesenbrow ebenso wie das große Besucherbergwerk F60 in Lichterfeld, die Bahnwerkstatt in Berlin, das Schülerlabor in Groß Lüsewitz, das Futurea Science Center in Lutherstadt Wittenberg und der Baumwipfelpfad auf Rügen. Die ausführlichen Testfahrer-Berichte mit Fotos und kleinen Videofilmen finden sich anschließend auf der Internet-Seite bahn.de/klasseunterwegs. Jetzt ist pandemiebedingt aber erst mal wieder Pause angesagt. Die nächsten Testfahrerklassen sind dann im kommenden Frühjahr und bis in den Sommer 2022 hinein unterwegs.

Eigenständiges Erkunden

Klassenlehrer Michael Ulrich, an seiner Schule Fachbereichsleiter Naturwissenschaften/Mathematik, ist sehr zufrieden mit dem Besuch im Industriemuseum. „Das eigenständige Erkunden ist eine sehr gute Lernform“, erklärt er. Aber noch ein anderer Aspekt ist ihm beim außerschulischen Lernen sehr wichtig: „Man muss mit der Klasse auch einfach mal was unternehmen“, sagt er. „Die waren ja wegen Corona fast ein Jahr lang zu Hause, die müssen sich als Klassengemeinschaft jetzt erst mal finden.“

Es sei gut, dass man an den außerschulischen Lernorten auch für den Unterricht etwas mitnehmen könne, ergänzt seine Kollegin Lydia Wienecke. Als Fachlehrerin für Geographie und Geschichte hat sie das Thema Industrialisierung auf dem Lehrplan. „Da passt das Industriemuseum in Brandenburg an der Havel als außerschulischer Lernort sehr gut.“ Pünktlich um 14 Uhr fährt der rote Doppelstock-Regional-Express im Brandenburger Hauptbahnhof ein. Zurück geht es ohne Umsteigen bis nach Fangschleuse. Klare Ansage vom bahnerfahrenen Klassenlehrer: „Auch die nächste Tür zum Einsteigen benutzen!“ Gewusel hier, schnell noch dort rüber zu den anderen. Dann haben alle ihren Platz gefunden. Und jetzt kann man beobachten und miterleben, wie kurzweilig eine Fahrt mit dem Regional-Express quer durchs Land Brandenburg und durch Berlin für eine Klasse unterwegs sein kann.